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Herausforderung Schreibaby – ein Bericht aus der Sicht eines Daddy’s

by Paul

Als Tim mir eine Nachricht auf Instagram schrieb, suchte er nach Hilfe und Unterstützung. Tim und seine Frau müssen und wollen den Alltag mit einem Schreibaby meistern. Bestmöglich. Für ihr Kind und für sie beide als Eltern. Tim begann auf Instagram – unter dem Namen @schreibaby_daddy – seine Geschichte zu erzählen aus der Perspektive als Papa. Und jeder der mich kennt, weiß, dass ich dies gern unterstütze. Schon aus dem einfachen Grund, weil auch wir Daddys Gefühle und Gedanken zu bestimmten Themen haben und eben auch manchmal einfach nur ein offenes Ohr suchen oder eine helfende Hand. Und, weil meine Nichte auch ein Schreibaby war und ich in der Zeit miterlebt habe, was von Eltern abverlangt wird. Somit überlasse ich Tim die Bühne und wünsche ihm, dass hier, oder auch über Instagram, ein reger Austausch zu diesem Thema stattfindet …

Den Alltag mit einem Schreibaby zu meistern, erfordert eine Menge Fingerspitzengefühl und Durchhaltevermögen. Ich bin Tim, 29 Jahre alt, komme aus Dortmund und bin Vater eines Schreibabys. Ich möchte Euch meine Geschichte erzählen und damit das Thema für jeden etwas greifbarer machen. Ich tue das, um Menschen zu helfen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und teilweise mit ihren Nerven und Kräften am Ende sind. Ich habe festgestellt, dass gerade wir Männer nur sehr wenig Zugang zu Unterstützung haben und vieles mit uns selber ausmachen müssen. Ich war und befinde mich in einer Situation, in der mich nur sehr wenige Menschen verstehen und ein offenes Ohr für das haben, was wir täglich durchmachen mussten/müssen. Es ist ein täglicher Kampf mit der Gesellschaft, welche diese besondere Form der Babys nur geringfügig akzeptiert und toleriert.

Meine Geschichte beginnt damit, dass wir im September 2017 erfahren haben, dass Jenny schwanger ist. Anfang Oktober verstarb meine Großmutter im Alter von 93 Jahren. Mitte November erfuhren wir dann, dass Jennys Mutter an einer Form des Lungenkrebses leidet. Die Wochen verbrachten wir ab der Diagnose täglich im Krankenhaus. An Weihnachten verstarb sie relativ plötzlich. Völlig geschockt entschieden wir jedoch trotzdem unseren geplanten Kurztrip nach Holland anzutreten, in welchem ich ursprünglich den Heiratsantrag plante. Ich entschied mich dazu, den Heiratsantrag wie geplant durchzuziehen, da ich ihn nach dieser besonderen Situation erst recht als aufbauend und motivierend ansah. Jenny nahm ihn voller Freude an und er sorgte dafür, dass sie weiter Kraft tanken konnte. Die nächsten Wochen verbrachten wir mit der Hochzeitsplanung und den Vorbereitungen für unser kleines Wunder. Im März 2018 stellte die Frauenärztin während eines routinemäßigen Frauenarztbesuches fest, dass Jenny eine Gebärmutterhalsverkürzung hatte und sofort ins Klinikum musste. Die Ärzte bestätigten den Befund und ordneten an, dass sie nur noch im Bett liegen darf, jedoch nicht bei uns Zuhause, sondern unter Beobachtung im Krankenhaus. Mein Arbeitsplatz befand sich zu der Zeit 90 km von unserer Heimat entfernt, sodass ich täglich viel pendeln musste. Nach 10 Tagen durfte sie das Krankenhaus wieder verlassen und unsere Hochzeit konnte im April wie geplant stattfinden. Einen Monat später, am 15.05.2018 erblickte Paulina gesund dann endlich das Licht der Welt. Wir waren überglücklich.

Nach einigen Wochen stellten wir fest, dass Paulina sehr viel schreit und sensibel auf unterschiedliche Reize reagiert. Diese Situation brachte uns täglich an unsere Grenzen und sorgte dafür, dass wir uns zunehmend verändert haben. Gerade Tipps von außerhalb brachten uns dazu, dass wir uns immer mehr zurückgezogen haben, da diese oft schmerzhaft, nicht einfühlsam und zum Teil sehr altmodisch waren. Wir befanden uns irgendwann in einer Situation, in der man sich von niemand mehr verstanden gefühlt hat. Wir suchten uns professionelle Hilfe (Ostheopathie, Emotionelle Erste Hilfe, Familienschule, Schreiambulanz) welche uns in Gänze erklärte, dass Paulinas Schreien nicht an uns liege. Es gibt Babys, die an Regulationsstörungen leiden und die vielen Eindrücke, die sie täglich erleben nicht verarbeiten können. Durch all diese Beratungen fanden wir einen Weg, der dafür sorgte, dass wir das Thema so akzeptierten wie es ist und uns bei unseren täglichen Herausforderungen den Rücken stärkte. Es gab Situationen, in denen uns einfach nur die Tränen liefen und wir emotional am Ende waren. Wir waren in dieser Zeit immer ein Team. Da wir uns in dieser Situation nicht komplett von der Außenwelt abschotten wollten, versuchten wir an Ereignissen wie Hochzeiten unserer Freunde ohne große Einschränkungen teilzunehmen. Diese Events waren für uns jedoch sehr anstrengend, da einer von uns grundsätzlich damit beschäftigt war, dafür zu sorgen dass es Paulina gut geht und das Schreien keine überhand nahm. Paulina brauchte sehr viel Nähe und viel Ruhe in dieser Zeit. Die Nähe konnten wir ihr in Form von Tragen am Körper geben. Die Ruhe war bei Ereignissen wie Hochzeiten leider wenig gegeben.

Eine Form der Selbsthilfe bestand darin, Forumsbeiträge zum Thema Schreibaby zu lesen und zu sehen, dass es Eltern gibt, denen es genauso geht wie uns. Wir hielten uns ständig vor Augen dass wir nicht die Einzigen sind. Diese Zeit war für mich die schwerste Zeit meines bisherigen Lebens. Nachdem Jenny ihre Mutter verlor, musste ich immer die starke Schulter für sie sein und einen klaren Kopf behalten. Ich achtete auch darauf, dass es Paulina gut geht und Mama regelmäßig isst und trinkt. Für Jenny haben wir jemanden gefunden, die sich selber einmal in solch einer Situation befand und darauf spezialisiert hat, Frauen in solchen Extremsituationen zu coachen und zu begleiten. Mein großes Problem bestand jedoch darin, dass es niemanden für mich gab, der mich versteht und mir Mut zuspricht. Ich erlebte Momente, in denen ich beim Spazieren nervliche Zusammenbrüche erlitt. Mein großer Wunsch bestand darin, jemanden zu finden, der auch mal ein offenes Ohr für meine Sorgen hatte und für mich da ist. Leider bisher erfolglos.

Mir kam die Idee, einen Blog zu erstellen, in dem ich von unseren täglichen Herausforderungen berichte. Ich möchte das Thema Schreibaby publik machen und dafür sorgen, dass es kein Tabu-Thema mehr ist. Ich möchte erreichen, dass die Menschen uns verstehen und akzeptieren, dass nicht alle Babys gleich sind. Ich möchte gerade die Menschen erreichen, die sich in der selben Situation befinden oder denen diese noch bevorsteht. Auch wenn ich persönlich nie mit jemanden gesprochen habe, hat es mir sehr geholfen, zu lesen dass andere Menschen genauso fühlen. Gerade wir Männer zeigen nach außen hin viel Stärke. Wenige gestehen sich öffentlich ein, dass sie emotional am Ende sind. Ich möchte mich meinem Blog das Eis brechen und zeigen dass es auch anders geht, denn meiner Meinung nach ist es Stärke, mit so einem privaten und zugleich sensiblen Thema an die Öffentlichkeit zu gehen.

Habt Ihr Erfahrungen mit einem Schreibaby? Habt Ihr Tipps, aufmunternde Worte oder Anlaufstellen für Eltern mit Schreibaby?

Liebe Grüße, Tim

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1 comment

Nadine 25. Januar 2019 - 15:02

Huhu, also mein erster Junge war auch ein Schreibaby und ich saß die ersten 3 Monate um die Mittagszeit täglich heulend im Bett, weil ich nicht mehr konnte. Meinen Mann habe ich täglich angerufen und gebeten, eher von der Arbeit zu kommen, weil ich nicht mehr konnte. Rückblickend muss ich sagen, dass ich heute mit einem Schreibaby vermutlich anders umgehen würde. Sie schreien, weil sie zu viele Dinge um sich herum wahrnehmen und nicht verarbeiten können und dadurch schlechter als andere Kinder in den Schlaf finden. Sie brauchen definitiv mehr Körpernähe als andere Babies und – so war es bei meinen beiden Jungs – um ausreichend Schlaf zu bekommen müssen sie sagt sein. Mit etwa 3.5 Monaten hatte ich das verstanden und habe mein komplettes Leben nach meinem Baby ausgerichtet, da es mich mehr brauche als andere Babies ihre Mütter. Ich habe für einen regelmäßigen Rhythmus gesorgt, einkaufen im Supermarkt und große Familienfeiern sein lassen, ihn viel im Tragetuch gehabt oder ihn im abgedunkelten Schlafzimmer auf mir oder später an meiner Seite schlafen lassen. Klar habe ich dadurch soziale Kontakte verloren und durfte mir lauter Vorwürfe machen lassen, dass ich das Kind verwöhne. Aber alles hat sich am Ende bezahlt gemacht. Ich habe auch stets vor jedem Schläfchen dafür gesorgt, dass Ben satt ist (er bekam Recht schnell die Flasche) und schon wurde es deutlich besser. Zu Hause lief es, im Urlaub oder woanders nicht. Ich war bei keiner Schreiambulanz und habe mir auch sonst keine professionelle Hilfe geholt, sondern nur auf die Bedürfnisse meines Kindes geachtet. Es lief. Vor 10 Monaten bekam ich meinen zweiten Sohn und auch diesmal nahm es wieder die Richtung an. (Beides übrigens Kaiserschnittbabies) Ich habe schnell vom stillen auf die Flasche umgestellt, da ich das Pensum an Milch, das er brauchte nicht liefern konnte, Tragetuch von Anfang an, Schlaf in Ruhe und keine großen Ausflüge nach draußen. Es klappte deutlich besser. Sicherlich tickt jedes Kind anders, aber es gibt in meinen Augen, die Babies, die “mitlaufen”(das sehe ich bei meinen Freundinnen) und die anderen. Aber ich bin stolz auf meine beiden Jungs. Sie sind wissbegierig, nehmen noch immer jede Kleinigkeit in ihrer Umwelt wahr, erkennen bereits viele Zusammenhänge und sind aufgeschlossen, sozial und pfiffig. Und das liebe ich an ihnen. Und dafür habe ich mich gerne die ersten Monate hinten angestellt. Wir haben übrigens damals aus der Not heraus ein Familienbett installiert, dass bis heute existiert. Und das hat auch vieles erleichtert. Und ja ich habe die ersten 2 Jahre Konsequenz den Mittagsschlaf mit meinem ersten Sohn gehalten und ich liege auch heute noch häufig bei beiden, weil sie noch immer meine Nähe und Geborgenheit brauchen.

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