Jeder von uns ist bestrebt unseren Kindern nur positive Erfahrungen mit auf den Weg zu geben. Positive Erlebnisse. Und am liebsten möchte man auch nur über die schönen Dinge im Leben sprechen. Ist ja auch so viel einfacher für uns. Für uns alle. Unangenehme Themen, wie der Tod, wecken Emotionen in uns. Wir müssen uns mit uns selbst auseinandersetzen. Unsere Gefühlswelt neu ordnen. In uns hinein hören.
Begreifen
In den meisten Fällen bleiben Kinder dem Thema Tod viele Jahre weit enfernt und haben nahezu keine Berührung damit. Ein Tod im Familienumfeld weckt mit Sicherheit auch bei dem jüngsten Familienmitglied Emotionen. Jedoch ist ein Gespräch darüber erst später möglich. So viele Entwicklungsschritte sind nötig, um zuerst zu begreifen, wer sie eigentlich selber sind auf dieser Welt, bevor sie den Verlust eines anderen Menschen greifen können. Und vor allem begreifen können, dass dieser geliebte Mensch nicht wiederkommt. Nicht zurückkommt in den Familienkreis.
Verstehen
Zu Verstehen, dass von uns gegangene Menschen wieterhin einen tiefen Patz in unserem Herzen haben. Und dieses Gefühl der Vebundenheit immer bestehen bleibt und der Schmerz diesem irgendwann weicht. All’ dieses Verständins braucht Zeit. Denkt an Euch selbst. Diejenigen unter Euch, die vielleicht schon einen geliebten Menschen haben ziehen lassen müssen, wissen wie lang, hart und unterschiedlich dieser Weg sein kann.
Ich bin doch der Lustige
Ich fragt Euch sicher, wie ich darauf komme, über dieses Thema zu schreiben. Der Paul ist doch eher der lustige Typ stimmt’s? Ja bin ich auch. Und werde ich auch immer bleiben. Aber natürlich habe auch ich meine ernste Seite. Und wir sind in der Verantwortung auch über solche und speziell dieses Thema zu sprechen. Ich bin immer offen mit dem Thema umgegangen. Greifbar und konkret wird es jedoch erst, wenn der Tod im Familienkreis stattfindet. Ihr merkt sicher, dass es mir nicht immer leicht fällt, in diesem Artikel die richtigen Worte zu finden. Ich bin mir aber sicher, dass jedes darüber gesprochene Wort besser ist, als gar kein Wort.
Wenn das Telefon plötzlich klingelt
In den letzten Wochen und auch in unserem Urlaub, kamen Nachrichten auf uns zu, auf welche wir – man könnte sagen – vorbereitet waren. Und trotzdem ist es so, dass es Dir kurz und heftig den Boden unter den Füßen wegreißt. Beide Großväter meiner Frau haben in den letzten Wochen viele Krankenhausaufenthalte hinter sich gebracht. Ja natürlich haben beide mit weit über 90 Jahren Ihr Leben gelebt haben. Dies ist ein kleiner Trost. Sie werden nicht plötzlich aus dem Leben gerissen, sondern wir alle konnten aus augenscheinlich darauf vorbereiten. Soweit die Theorie. Einer der Großväter liegt seit einigen Tagen im Sterben und der Anruf hat uns mitten in einer Wandertour in den Schweizer Bergen erwischt. Aber egal wo man gerade ist, dafür gibt es weder eine passende Zeit noch einen passenden Ort.
Jeder reagiert anders auf das Thema Tod
Und die Berge waren schlussendlich trotzdem ein guter Ort, um die erste Nachricht, dass Ihr Großvater im Sterben liegt, einigermaßen gut zu verdauen. Dem Himmel so nah. Jeder Schritt wird bedacht gesetzt und man ist ganz bei sich. Meine Frau kehrt sich nach solchen Nachrichten immer kurz von mir ab. Nicht, weil sie es böse meint, sondern in erster Linie, um den Familienbund zu schützen und auch den Moment, in dem man sich mit der Familie gerade befindet. Sie weint quasi für sich allein. Ganz still und leise am Ende der Kette. Sie möchte das so und ich akzeptiere es. Ich bin immer für sie da und die Schulter fordert sie ein, sobald alle heil unten angekommen sind und die Kinder gut versorgt sind.
Eine Stärke für die ich sie sehr bewundere, obwohl sie es nicht müsste.
Wie beginnt man so ein Gespräch?
Bei dieser Nachricht war es sogar so, dass wir erst am nächsten Morgen darüber gesprochen haben. Erstmal einen klaren Gedanken fassen über Nacht. Und dann neu auf den Tag schauen. Schließlich waren wir im Urlaub und eine Hochzeit im Familienkreis stand auch bevor. Und vor allem mussten wir mit unserem Erstgeborenen darüber sprechen. Ganz still hat er den Trubel um beide Großväter in den letzten Wochen wahrgenommen und das Thema vehement von sich fern halten wollen. Auch das gilt es zu akzeptieren. Jedes Kind findet einen anderen Zugang zum Thema Tod. Wir müssen ihn nur finden und versuchen unsere Kinder bestmöglich mit dem Lebenszyklus vertraut zu machen.
Die Angst vor den Tod nehmen
Und dazu gehört eben viel mehr als über den Tod an sich zu sprechen. Das DANACH war uns genauso wichtig, wie das DAVOR. Zu erklären, dass sein Ur-Opa ein erfülltes Leben hatte mit seiner Frau und den Kindern. Das Zurückblicken auf ein wunderbares Leben nimmt Kindern die Angst vor dem (für sie immer) abrupten Ende dessen. Ihm vor Augen zu führen, wie wichtig es ist, jeden Tag in vollen Zügen zu genießen. Sein Leben so zu gestalten, wie es jeden einzelnen Menschen glücklich macht. Damit jeder in seinem Leben auf genau dieses wundervolle Leben zurückblicken kann.
Die erste Erfahrung mit dem Tod
Er wird sich mit seinen 11 Jahren nicht die verschiedenen Stadien des Sterbens ansehen müssen. Diese sind für uns Erwachsene schon nicht leicht zu ertragen. Es ist seine erste Erfahrung mit dem Tod. Alles kann, jedoch nichts muss. Da bestimmt jedes Kind seine eigenen Grenzen. Und seine liegt darin, den Moment der Erinnerung so einzufrieren, dass nur das Schöne bleibt. Und das ist für den Moment vollkommen in Ordnung.
Für den Weg DANACH war uns nur eines wichtig: Sobald der Moment da ist und er darüber reden möchte oder Fragen aufkommen, kann er immer kommen. IMMER. Vollkommen egal mit welcher Frage oder welchen Emotionen. Und keiner von uns weiß, wie er reagieren wird, wenn es soweit ist. Auch meine Frau ist in der glücklichen Lage, dass sie sich noch nie von einem nahestehenden Menschen verabschieden musste. Aber auch sie weiß nicht, wie genau sie dies emotional erwischen wird. Am Ende wird sie stark sein. Für die Kids und für die Familie. So hat sie es schon immer gemacht.
Gemeinsam
Wie gesagt: Jeder wird seinen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Wir Erwachsenen machen viel mit uns selbst aus und haben im besten Fall einen Partner an unserer Seite.
Und auf unsere Kinder prasselt soviel Neues ein, dass es manchmal scheint, als würden sie sich verlaufen. Verlaufen in all’ den neuen Emotionen und Gefühlen. Und in genau diesem Irrgarten werde ich an jeder Ecke stehen und meine Arme für dich ausbreiten. Du kannst schreien, um Dich schlagen und weinen oder über wunderschöne Momente des Lebens schmunzeln. Eben so wie es dir in dem Moment gut tut… Und natürlich musst und möchtest du irgendwann darüber reden. Denn reden hilft. Das haben wir dir so beigebracht. Wir sind da. Immer.
Nachtrag: Der Großvater meiner Frau ist am 20.07.2019 friedlich eingeschlafen.