Pflegefamilie – ein sehr umfassendes Thema!

Als mich der liebe Paul fragte, ob ich einen Gastbeitrag schreiben wollen würde, habe ich mich wirklich sehr gefreut! Ich bin jedem dankbar, der durch Blogbeiträge und Instagramposts auf diese besondere Familienform aufmerksam macht, da es noch so viel Aufklärung bedarf! Interessierte Eltern und Paare schreiben mich an und es wird immer wieder deutlich, wieviele Fehlinformationen und Missverständnisse im Raum stehen!
Auf meinem Account @ostseeverliebt nehme ich euch mit durch unseren Alltag als Groß,- Patchwork,- und Pflegefamilie und berichte in regelmäßigen Abständen über das Leben mit Pflegekindern, das natürlich dem „normalen“ Familienalltag ähnelt, aber auch Besonderheiten mit sich bringt!

Für den Gastbeitrag widme ich mich dem Thema „Eifersucht in Pflegefamilien“ und weise darauf hin, das ich ausschließlich von UNSEREN Erfahrungen berichte! Ich schildere euch, wie wir es erlebt haben/erleben, wenn ein Pflegekind in die Familie kommt!

Wir sind seit 6 Jahren eine Pflegefamilie und ich muss ganz ehrlich sagen, das ich es zu Beginn unterschätzt habe, welch großer Einschnitt es für die leiblichen Kinder ist, wenn der Anruf des Jugendamtes und somit das Pflegekind kommt! Nicht, dass ich romantische Vorstellungen hatte! Mir war klar, das sich das Familiengefüge neu ordnen muss! Aber wie eifersüchtig die eigenen Kinder sein können! Das sich dieses Gefühl vielleicht bis hin zur Ablehnung entwickeln kann – dessen wurden wir uns erst Stück für Stück bewusst!
Wir haben mit unseren Kindern über den Gedanken und Plan, Pflegekindern ein Zuhause zu geben, ausführlich gesprochen und durch Freunde, die seit vielen Jahren Pflegekinder aufnehmen, wussten sie in etwa, wie dieses Leben aussehen könnte!
Als der erste Anruf kam, waren alle aufgeregt! Die Kinder waren so gespannt! Aber nach einigen Wochen machte sich Ernüchterung breit! Unsere 6 jährige Pflegetochter nannte meinen Mann und mich innerhalb kürzester Zeit „Mama“ und „Papa“! Bei allem Verständnis für das Mädchen war es für die Kinder sehr gewöhnungsbedürftig, das ein, ihnen bis dato fremdes Kind, die Eltern als seine bezeichnet und benennt!
Zudem mussten sie damit zurecht kommen, das sie ihr „Päckchen“ an Erlebten und Geschichten mitbrachte und dementsprechend viel Aufmerksamkeit und Betreuung brauchte! Unsere eigenen Kinder waren zu dem Zeitpunkt der ersten Inpflegenahme 9 und 11 Jahre alt! Eine gewisse Empathie war also schon vorhanden! Und sie waren wirklich geduldig und verständnisvoll! Aber immer wieder mitzuerleben, wie unsere Pflegetochter alles an Angeboten und Fürsorge boykottierte, ließ sie mit der Zeit nicht nur allmählich sauer, sondern auch eifersüchtiger werden, da wir als Pflegeeltern natürlich weiterhin alles dafür tun wollten, das das Pflegeverhältnis nicht scheitert und das Mädchen keinen erneuten, für ihr Leben einschneidenden, Wechsel erleben muss! Dies kostete viel Kraft und Nerven und auch, wenn unsere eigenen Kinder in dieser Zeit ( hoffentlich ) nicht „zu kurz“ kamen, entstehen einfach gewisse Befindlichkeiten und Gefühle bei den Kindern!
Als unsere Pflegetochter in unsere Familie kam, hätten wir mit Eifersucht von Seiten unserer leiblichen Kinder nicht gerechnet! Eher, als wir unseren Pflegesohn aufnahmen! Er war drei Wochen „alt“, als ich ihn aus einer Mutter-Kind-Einrichtung holte und mit zu uns nach Hause brachte! Ein kleiner Säugling! Der von Natur aus schon viel Aufmerksamkeit und Versorgung braucht! Und nach dem Trennungstrauma natürlich umso mehr! Aber unsere Kinder waren von Beginn an so entzückt und ganz verliebt in den Kleinen! Unserer Pflegetochter hingegen machte es sehr zu schaffen, das ein neues Kind in die Familie kam! Das ist ein Punkt, den viele nicht berücksichtigen, wenn sie an die Thematik „Pflegefamilie und Eifersucht“ denken! Es wird darüber geredet, wie sich die eigenen Kinder bei der Aufnahme fühlen! Aber wie es für bereits in der Familie lebende Pflegekinder ist, wenn es zu einer Neuaufnahme kommt, wird oft schlichtweg vergessen!
Abgesehen von leiblichen und aufgenommenen Kindern gibt es auch im Umfeld der Pflegefamilie Menschen, die eifersüchtig reagieren können!
Familie, die sich zurückgesetzt fühlen kann, wenn Pflegekinder in der Verwandschaft aufgenommen werden! Schließlich ist die Ankunft des Kindes sehr zeitintensiv! Gespräche mit dem Jugendamt, Hausbesuche, Umgangskontakte zur Herkunftsfamilue – alles muss zeitlich gemanagt werden! Und vielleicht fällt der bisher immer stattfindende Besuch bei Oma und Opa in den ersten Wochen aus! Cousinen und Cousins, die nicht verstehen, warum sie plötzlich mit einem fremden Kind die Spielsachen teilen müssen, wenn die Familie zusammentrifft! Freunde, die keine Pflegefamilie sind und sich erstmal in diesen neuen Bereich „reinfuchsen“ müssen, um zu verstehen, warum sich plötzlich so viel um dieses Thema dreht und der Kartenclub vernachlässigt wird!
Wenn ihr all‘ das lest, werdet ihr vielleicht denken, das diese Faktoren auch in „normalen“ Familien aufkommen, in denen zwar kein Pflegekind aufgenommen, aber ein eigenes Baby geboren wird! Das stimmt! Viele Dinge sind gleich! Und einige so verschieden!
Unter‘m Strich ist es aufregend, interessant, spannend, emotional, ermüdend, anstrengend, prägend und schön, wenn ein Kind kommt – ob ein eigenes oder ein Pflegekind!

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